Die jüngste Entwicklung des Hauses
Neumann ist daher nicht wirklich kom-pakt,
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sondern ein recht voluminöses
Vollbereichssystem, bei dem sich sämt-liche
Entwicklungsdetails auf dem Prüf-stand
wiedergefunden haben. Da wir
in dieser Ausgabe drei Lautsprecher-hörtests
veröffentlicht haben, mag das
hier Gesagte auch für die anderen bei-den
Beiträge gelten: Auch einen kom-pakten
Aktivmonitor kann man nicht
einfach nur hinstellen und glücklich
sein. Der ihn umgebende Raum hat ei-nen
exorbitanten Einfluss auf das Ver-halten
des Lautsprechers, sowohl auf
der Zeit- als auch der Frequenzebene.
Frühe Reflexionen von räumlich nahen
Begrenzungsflächen behindern die zeit-lichen
Abläufe der Wiedergabe und be-einflussen
die Lokalisierungspräzision,
oder aber führen zu Einbrüchen bezie-hungsweise
Überhöhungen, vor allem
im Bereich tiefer Frequenzen und ver-letzen
die Homogenität des Übertra-gungsbereichs.
Insofern kann man ei-gentlich
keinen Lautsprecher ohne
messtechnische Überprüfung vernünf-tig
in Anschlag bringen, weshalb viele
Hörtests beim Anwender selbst her-vorragende
Lautsprecher unerwartet
schlecht aussehen lassen. Für den KH
420 mussten wir aufgrund seiner Grö-ße
ins Keusgen Tonstudio umziehen.
Selbstverständlich ging die Installati-on
nicht ohne akustische Messtech-nik
vonstatten, denn die dortige Regie
ist für den Wandeinbau optimiert und
liefert mit ihrer schallharten Front kei-ne
gute Grundlage für frei aufgestell-te
‚Gast-Monitore‘. Daher war es es-sentiell,
eine wandnahe Aufstellung zu
wählen, um Einbrüche bei tiefen Fre-quenzen
zu vermeiden und die anstei-gende
Tiefenenergie mit Raumentzer-rungsbordmitteln
des Lautsprechers zu
kompensieren.
Überblick
Der KH 420 ist ein mittelgroßer Drei-wege-
Studiomonitor für Freiaufstellung
oder Wandeinbau, der aufgrund sei-ner
breitbandigen Übertragungseigen-schaften
bis hinunter zu 26 Hz als Mid-field-
und Hauptmonitor ohne Subwoo-fer-
Unterstützung zum Einsatz kommen
kann. Bei seiner Entwicklung stand der
O 410 in gewisser Weise Pate, jedoch
sind Gemeinsamkeiten zum KH 420 nur
noch im generellen Formfaktor zu se-hen.
Sämtliche Eigenschaften im Be-reich
der Akustik, der Elektronik und
der Gehäusekonstruktion wurden kom-plett
neu aufgegriffen und definiert. In-teressant
ist dabei, dass es sich um ei-ne
rein analog umgesetzte Lösung han-delt,
die sich allerdings mit ihrer Line-arität
und Abbildungspräzision auch
DSP-unterstützten Konzepten entspan-nt
stellen kann. Alle drei zum Einsatz
gebrachten Chassis sind Eigenentwick-lungen
des Herstellers, ebenso wie die
mathematisch modellierte Schallfüh-rung
für den Hoch- und Mitteltöner.
Das komplett computerberechnete und
-vorsimulierte Gehäuse wird aus einem
resonanzarmen Werkstoff namens LRIM
(Low Resonance Integral Molding) ge-fertigt,
der durch interne Aussteifung,
das Design der Bassreflex-Kanäle und
der Rückwand mit integrierter Elektronik
ein auf ein Minimum reduziertes Eigen-resonanzverhalten
an den Tag legt. Die
Bassreflex-Kanäle wurden, wie schon
beim deutlich kleineren KH 120 so kon-struiert,
dass keine der üblichen ‚Orgel-pfeifen-
Resonanzen‘ auftreten können.
Die vollständig neu berechnete Schall-führung
ist drehbar, so dass der KH 420
sowohl vertikal stehend als auch lie-gend
horizontal bei fast identischen Ei-genschaften
betrieben werden kann. Der
Tieftöner ist eine komplette Neuentwick-lung
mit einem neu gestalteten Antrieb,
so dass die Antriebskraft bei steigender
Membranauslenkung nicht abnimmt. Di-es
macht sich vor allem durch reduzierte
Klirrkomponenten bemerkbar. Der Mit-teltöner
ist ebenfalls eine Eigenentwick-lung
von Neumann, dessen Teile und
dazu notwendige Werkzeuge nach Her-stellerspezifikationen
bei herstellerei-genen
Zulieferern gefertigt wurden. Die
im O 410 verwendete ATC-Kalotte konn-te
auf diese Weise um 10 dB bei Emp-findlichkeit
und Klirrverhalten übertrof-fen
werden. Beim Hochtöner handelt es
sich um die Eigenentwicklung, die auch
schon in den Modellen KH 120 und KH
310 zum Einsatz kommt. Als Endstu-fen
kommen Brückenendstufen im Mit-tel-
und Hochtonweg zum Einsatz. Ein-fach
skizziert, entsteht am Lautspre-cher
durch den Einsatz von zwei iden-tischen
Endstufen, von denen eine ein
positives und eine ein negatives Signal
liefert, die doppelte Spannung bei glei-cher
Impedanz, wodurch die Ausgangs-leistung
steigt. Der langhubige Tieftö-ner
wird mit einer speziellen Brückenpa-rallelschaltung
angetrieben, der Rausch-
und Klirrwerte reduziert. Es erfolgt eine
getrennte Spannungsversorgung für die
Mittel/Hochton- und die Tiefton-Endstu-fen.
Beide Netzteile sind als Schaltnetz-teile
ausgelegt. Hinzu kommt eine neue
Limiter-Schaltung, die sich nur im Si-gnalweg
befindet, wenn sie aktiv wird.
Der Tieftonbereich ist mit einem Auslen-hörtest