Mit den ‚Hörsitzungen‘ ist das so eine
Sache. Große Handelshäuser türmen ei-ne
Vielzahl von Lautsprechern in ihren
Demoräumen auf, was dem Grunde nach
zu keiner treffsicheren Entscheidung füh-ren
kann. Der Lautsprecher arbeitet im-mer
positions- und raumabhängig, und
so bleibt die beste Methode das Hören
im eigenen Raum. Wenn alle Produkte,
also auch Bratpfannen und Waschma-schinen,
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auf diese Weise verkauft wer-den
müssten, würde die Verkaufsma-schinerie
schnell ins Stocken geraten.
Außerdem ist die Vorstellung wirklich
grotesk, in der Haushaltswarenabteilung
nach einer Teststellung für eine Brat-pfanne
zu fragen, um anschließend am
heimischen Herd auszuprobieren, wie
gut das Steak in diesem Modell gelingt,
möglicherweise mit dem Ergebnis, selbi-ges
wieder zurückgeben zu wollen und
gleich nach einer besseren Alternati-ve
zu fragen. Bei Lautsprechern ist die-ses
Prozedere Gang und Gäbe, was be-deutet,
dass eine Menge Vorführware
für weniger Geld in den Verkauf gelangt.
Ich will eigentlich gar nicht wissen, wie
groß die Menge der Retouren im Online-
Versandhandel sein mag. Wenn wir die-ses
Szenario einmal bewusst ausblen-den,
ändert sich trotzdem nicht viel an
unserem Problem. Welcher ist der rich-tige
Lautsprecher, der mir sagt, an wel-chen
Knöpfen ich wie drehen muss, da-mit
‚Gut‘ und ‚Schlecht‘ leicht auseinan-derzuhalten
sind? Meine Arbeit besteht
darin, Ihnen diese Entscheidung zu er-leichtern,
was angesichts eines auch bei
mir subjektiven Höreindrucks eine sehr
anspruchsvolle und verantwortungsvolle
Aufgabe ist. Wenn Sie in diesem Maga-zin
einen Lautsprechertest lesen, ist be-reits
die Entscheidung gefallen, dass
ich mich mit einem bestimmten Produkt
aus gutem Grund beschäftigen möchte,
also werden Sie hier auch nur persön-liche
Empfehlungen finden. Was nicht
taugt, kommt hier auch nicht vor, al-so
geht es lediglich darum, wie begeis-tert
ich am Ende bin. Der einzige Haken
an dieser Strategie ist, dass ich nicht al-le
Lautsprecher testen kann, die es ver-dient
hätten. Und damit schließt sich
der Kreis zur ‚Flutkatastrophe‘ und un-ser
aller Dilemma.
Französische Küche
Nein, ich will nicht wieder über Brat-pfannen
diskutieren. Ich weiß schon
lange, dass der französische Herstel-ler
Focal zu den Lautsprecherspezia-listen
gehört, die gerne alles selber ma-chen,
also auch ihre Chassis entwickeln.
Dieser Anspruch ist für mich eine Quali-tätsaussage
und ich bin von Produkten
aus diesem Hause auch noch nie ent-täuscht
worden. Mit dem Trio 6 Be legt
Focal nun einen Dreiweg-Lautsprecher
auf, der auf erprobte Technologien und
Chassis zurückgreift, die auch schon in
anderen Modellen erfolgreich eingesetzt
wurden. Dieses Modell schließt eine,
auch preisliche, Lücke zwischen dem
SM9 Flaggschiff und dem Twin 6. Trio 6
zeichnet sich durch verschiedene Merk-male
aus, die für den Hersteller sym-ptomatisch
sind. Da wäre zum einen die
Auswahl der Chassis, insbesondere des
Hochtöners, zum anderen die Möglich-keit,
den Lautsprecher mittels eines un-aufwändigen
mechanischen Eingriffs ho-rizontal
oder vertikal aufstellen zu kön-nen,
oder aber die Umschaltmimik, aus
einem großen einen kleinen Lautspre-cher
machen zu können. In diesem Fall
übernimmt die Mitteltöner die Rolle
eines Mittel/Tieftöners. Aber schauen wir
uns den Lautsprecher zunächst einmal
im Detail an.
Überblick
Der Trio 6 Be ist ein Dreiweg-System in
einem massiven, verstrebten 22-mm-
MDF-Gehäuse mit schlichtgrauer Textur,
das 20 Kilo auf die Waage bringt. Die
durch Lösen von vier Schrauben dreh-bare,
kreisförmige Mittel/Hochton-Ein-heit/
Platte erlaubt eine horizontale oder
vertikale Aufstellung des Monitors, wahl-weise
mit Tieftöner außen oder innen.
Auf diese Weise können die Basisbrei-te
und auch die Höhe der Abhörachse
in bestimmten Grenzen beeinflusst wer-den.
Bei unserem Test wählten wir eine
horizontale Aufstellung mit den Tieftö-nern
nach außen, was der Größe der Re-gie
und damit auch einer sinnvollen Ba-sisbreite
geschuldet war. Die drei Chas-sis
werden von drei separaten Endstu-fen
mit einer Gesamtleistung von 450
Watt angetrieben, was zu einem erziel-baren
Schalldruck von 115 dBSPL (Spit-ze,
gemessen in einem Meter Abstand)
führt und den Monitor auch für größe-re
Hörabstände qualifiziert. Der Tieftö-ner
arbeitet mit einer 200 Watt Class
G Endstufe, ebenso der Mitteltöner mit
150 Watt Leistung, während der Hoch-töner
mit 100 Watt Class AB versorgt
wird. Einen Class G Endverstärker fin-det
man nicht allzu häufig in Studiomo-nitoren.
Dabei handelt es sich um eine
hörtest