hörtest
Disziplin hinsichtlich der Mikrofonposition vor diversen Mi-krofonen
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zu wiederholen, damit wir eine verlässliche Grund-lage
für die klangliche Bewertung erhalten. Der Testtag im
großen Aufnahmeraum des Studios war dieses Mal dreige-teilt:
Wir begannen mit einem Gesangs-Testdurchlauf, der
die Großmembran-Mikrofone fokussierte. Danach erfolgte
ein Umbau für die Kleinmembran- und Bändchen-Abteilung
für die Violine und die akustische Gitarre. Da unsere Sänge-rin
Katrin eine Sopranstimme hat, die vor allem den Mitten-
und Höhenbereich der Mikrofone forderte, erfolgte zusätzlich
ein Durchgang mit männlicher Sprechstimme, um auch hier
ein sicheres Bild vom Klang zu bekommen. Als Bezugspunkt
diente uns erneut ein Brauner VM1, sozusagen als Bindeglied
und gemeinsamer Nenner über alle jemals stattgefundenen
Testtermine, auch wenn es im Zusammenhang mit der Klang-bewertung
selten bis gar nicht genannt wird. Das VM1 kali-briert
sozusagen unsere Bewertungsgrundlage, so dass Be-geisterung
und Klangeindruck auch über die Jahre einigerma-ßen
im Lot bleiben.
Auch wenn wir zu Anfang einer Testsession keine brachi-alen
klanglichen ‚Ausreißer‘ zwischen den getesteten Mi-krofonen
erwarten, stellen wir doch immer wieder fest, wie
groß die Unterschiede im Detail am Ende doch sind. Feindy-namik
und Farbe sind die beiden Faktoren, die unterschied-liche
klangliche Signaturen von Mikrofonen bilden. Sind die
Höhen statisch oder dynamisch, Impulse rund und behäbig
oder schnell und ‚eckig‘, gibt es pegelabhängige Eigenarten,
ist das Mikrofon eher neutral, kühl oder warm, wie groß ist
die Pop-Empfindlichkeit bei Nahbesprechung, und letztlich,
wie gestaltet sich das Handling der Mechanik von Spinne be-ziehungsweise
elastischer Halterung? Manche klangliche Ei-genarten
lassen sich tatsächlich am Frequenzgangschrieb ab-lesen
– dass sich ein sehr warm klingendes Mikrofon mess-technisch
linealglatt präsentiert, lässt uns allerdings sicher
sein, dass viel Klangpotential auch in der Elektronik und
dem dynamischen Verhalten der Kapsel stecken. Eines ha-ben
wir jedoch über die Jahre ganz sicher herausgefunden:
Der Preis spiegelt nicht unbedingt die gehörte Qualität wider,
weshalb ich es mir zur Regel gemacht habe, vorher nicht in
die UVP-Listen zu schauen. Also Ärmel hoch und ran an den
Speck…
Sony C-100
Weil es doch eine kleine Sensation ist, dass Sony Professi-onal
wieder im Markt professioneller Mikrofone antritt, wol-len
wir uns als erstes das C-100 ansehen (hören). Die mei-sten
von Ihnen werden das legendäre Sony C800G mit dem
angedockten Kühlkörper kennen. Das C800G ist ein Groß-membran-
Röhrenmikrofon mit umschaltbarer Richtcharak-teristik
(Niere/Kugel). Die 6AU6-Röhre wird durch den Kühl-körper
konstant auf optimaler Betriebstemperatur gehalten.
Der Frequenzgang zeigt eine deutliche Anhebung im Bereich
von 10 kHz (5 dB), was ihm seinen glitzernden Klangcharak-ter
verleiht. Das Mikrofon ist nach wie vor zu einem Preis
von rund 10.000 US-Dollar in den Vereinigten Staaten käuf-lich
zu erwerben. Mit den neuen Hi-Res-Modellen wird auf
der Basis dieses legendären Mikrofonklassikers die Geschich-te
der Sony-Mikrofonentwicklung weitererzählt. Die neu-en
Mikrofone werden unter dem Hi-Res-Label vermarktet, ei-ner
Initiative des Herstellers, Produkte mit auf 50 kHz erwei-tertem
Frequenzgang anzubieten, die offensichtlich auf den
Gebrauch höherer Abtastraten abzielen. Das C-100 wird von
Sony als ‚Vocal Microphone‘ vorgestellt, mit seitlicher Ein-sprechrichtung
und einem kompakten Design, das trotzdem
sehr an das C800G erinnert, natürlich ohne Kühlkörper, ist
aber natürlich auch für die Instrumentenaufnahme gleicher-maßen
geeignet. Zwei neu entwickelte Kapseln (Kondensa-tor
und Back-Elektret) mit variabler Richtwirkung wurden zu
einem ‚Zweiweg‘-Kapselsystem zusammengefügt, das für den
erweiterten Übertragungsbereich verantwortlich zeichnet. Drei
Richtcharakteristiken können am Mikrofongehäuse gewählt
werden: Kugel, Niere und Acht. Die aus dem C800G entlehnte
Gehäusekonstruktion sorgt für eine sichere akustische Ent-kopplung
der Kapseln. Zusätzlich wurde ein schaltbares Low-cut-
Filter integriert, das Körperschallgeräusche verhindert
oder den Nahbesprechungseffekt abmildert. Mit einem -10 dB
Pad ist das C-100 sehr hoch aussteuerbar. Zum Lieferumfang
gehören eine elastische Halterung und ein Popschutz, alles
in einem robusten Tragekoffer zusammengepackt. Das C-100
wird phantomgespeist betrieben und ist durch seine kom-pakten
Abmessungen und ein
sehr geringes Gewicht von nur
290 Gramm sehr leicht in jede
Position zu bringen. Die wich-tigste
Frage kommt natürlich
jetzt. Wie klingt es? Man darf
zunächst sagen, dass das Mi-krofon
eine sehr eigenständige
und attraktive Signatur hat, oh-ne
sich vom Pfad der Natür-lichkeit
wegzubewegen. Auf-fällig
sind die wunderbar cre-migen
Höhen, der elegante,
fast weiche, warme Klang mit
sehr griffigen unteren Mitten
bei gleichzeitig ‚zarter‘ Präsenz
und einem insgesamt sehr kla-