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Praxis und Hören Wenn man das RMX16 mit dem Lex 224 vergleicht, wird man sofort feststellen, dass das Original von AMS – und so auch das extrem gut gelungene Plug- In – wesentlich homogener und dich-ter 48 | daherkommt. Das Nachhallsignal ist sehr diffus, rund und hat einen schö-nen ‚Glanz‘. Warum fühle ich mich da-bei nur an Politur erinnert? Das Span-nende an diesem Gerät war damals, dass man nichtlineare und auch im Zeitverlauf umgedrehte Abklingverläufe herstellen konnte. Die RMX16 Hymne ist ‚In the Air Tonight‘ von Phil Collins. Das später im Song einsetzende Schlagzeug hat eine ganze Generation begeistert und der nichtlineare Nachhall stammt aus dem RMX16. Aber auch im ‚Normal-betrieb‘ kann man mit diesem Gerät (Plug-In) einen großen Hall oder eine kleine dichte Wolke um ein Signal he-rumzaubern. Der Nachhall ist eher ‚farb-los‘ im positiven Sinn, und wird schön färbend bei den Plattenemulationen. Ich würde, aus der Erinnerung, sagen, dass das Plug-In genauso wie das Ori-ginal klingt. Geschmacklich ‚britisch‘ an-gelegt, mit einer sehr dichten Signatur, die man besser klein portioniert, damit sie nicht zu aufdringlich wird. Man kann damit eine Kathedrale entstehen las-sen, was dem heutigen Zeitgeschmack eher nicht mehr entspricht, aber man kann auch sehr schöne kleine Räume basteln, die sehr echt klingen und je-dem Instrument eine realistische, leben-dige Dimension verleihen. Auch hier ei-ne unbedingte Empfehlung (sonst hät-te ich diese Auswahl ja auch nicht ge-troffen). Nach über dreißig Jahren kann man wieder ein nagelneues RMX16 in Betrieb nehmen, das den Segen seines Erfinders Mark Crabtree hat. EMT 140 1957 schaffte das deutsche Unterneh-men EMT einen Durchbruch bei der Nachhallerzeugung. Erstmals waren kei-ne realen mit Lautsprecher und Mikro-fon bestückten Hallräume mehr erfor-derlich, um Nachhall zu erzeugen. Das ‚Geheimnis‘ lag in einer in einem groß-en Holzgehäuse gespannten Metall-platte, die mit einem elektromecha-nischen Wandler zu Schwingungen an-geregt wurde, die mit Hilfe eines oder mehrerer Mikrofone wieder in elek-trische Signale zurückgewandelt wurde. Die Schwingungen wurden an den Kan-ten der Metallplatte mehrfach reflektiert und so entstand ein diffuses Nachhallsi-testbericht Hallplatten-Arsenal der Wisseloord Studios in Hilversum gnal, allerdings frei von jeglichen frühen Reflexionen. Das Ergebnis klang sehr schön, hatte aber mit einer Raumsimu-lation absolut nichts zu tun und kam so zu einer eigenständigen Ästhetik oh-ne Erkennungsmerkmale für eine Raum-größe, die unsere Ohren aus Erstreflexi-onen von Begrenzungsflächen wie Wand oder Decke ableiten. Eine solche Hall-platte war sperrig und schwer, so dass der Hersteller EMT in späterer Folge das gleiche Prinzip mit einer gespann-ten Goldfolie noch einmal umsetzte (EMT 240) – kleiner und leichter und da-mit auch für einen mobilen Einsatz, zum Beispiel in einem Übertragungswagen, geeignet. Obwohl die Hallplatte keine Raumsimulation repräsentierte, wurde sie als Gestaltungsmittel für ‚Weite und Tiefe‘ extrem beliebt, was die Entwick-ler von digitalen Nachhallsystemen aus der Pionierzeit dazu veranlasste, Plat-tenemulationen in ihr Programmangebot aufzunehmen. Was man dazu tun muss-te, war das Entfernen früher Reflexionen aus dem Diffusschall und die Gestaltung eines leicht metallischen Klangs. Ich hat-te in den 70ern in einem Düsseldorfer Studio zwei Monohallplatten zur Verfü-gung, die das Studio als Stereohallplat-te benutzte, mit dem ungeheuren Vor-teil, dass das Nachhallsignal wesent-lich dekorrelierter war. Mit Unterstützung des Originalherstellers EMT entstand mit dem EMT 140 Classic Plate Reverbera-tor Plug-In ein sich penibel am Original orientierendes digitales Modell, das drei Hallplatten als Vorbild beinhaltet, die al-lesamt in den The Plant Studios in Sau-salito, Kalifornien stehen. Die Bedieno-berfläche des Plug-Ins ist eine Nachbil-dung der Bedienungseinheiten, mit de-nen der Motor, der den Plattendämpfer zur Regulierung der Nachhallzeit steu-erte, ferngesteuert werden konnte. Die beiden ersten Platten A und B berück-sichtigen die Nachbildung der originalen Verstärkertechnik von EMT, die drit-te Platte C enthält die Verstärkerelek-


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