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nischen Umgang mit der Materie erlauben, sondern auch einen gewissen künstlerisch-klanglichen Spielraum und Lautheitsgewinn bieten. Auch der Brickwall Limiter ar-beitet mit 48 Bit, aber mit fünffachem Oversampling. Die Aussteuerungsmesser auf der ‚Main’-Seite zeigen einen Pegelbereich bis hinauf zu +3 dBFS, die bei manchen Pro-duktionen auch tatsächlich erreicht werden, obwohl Con-sumer- Equipment oft schon +0.5 dBFS mit hörbarer Ver-zerrung quittiert. Schaltet man die Upsample-Funktion ab, reagiert der Brickwall 2 Limiter wie ein normaler digi-taler Begrenzer, bewahrt aber auch nicht vor Pegeln über 0 dBFS. Mit der neuen adaptiven Zeitkonstantensteuerung wurden vor allem Verbesserungen bei der Vermeidung von Verzerrungen im Bereich tiefer Frequenzen erreicht. Ein ganzes Stück Arbeit und Erfahrung steckt inzwischen in diesen adaptiven Modellen, die keine starre (aber den-noch auch mögliche) Zeiteinstellung leisten kann. Welches adaptive Modell gerade das richtige ist, sollten in erster Linie die Ohren entscheiden. Es existieren allerdings auch entsprechende Presets, die man ohne eigene Einfluss-nahme einfach verwenden oder aber als Hausnummer für selbstständiges Arbeiten betrachten kann. Wann immer der Brickwall Limiter nicht arbeitet, und das tut er gemäß seiner Aufgabe eigentlich recht häufig, wird das Signal bis zum 24. Bit transparent durchgereicht (was sogar durch eine Anzeige auf dem Bildschirm angezeigt wird). Die ad-aptiven Zeitkonstanten schaffen beim Einsatz des Brick-wall Limiters Perspektiven für eine saubere Lautheitslö-sung ohne 0 dBFS+ Pegel. In diesem Fall verwendet man den Eingangspegelregler zur Verschiebung des Arbeits-punktes wie bei einem analogen Exemplar. Mit dem Brick-wall Limiter können Intersample Peaks auch von fertig ge-mastertem und gedithertem Material entfernt werden. Es ist in diesem Fall kein Redither notwendig. Am Schluss dieses Abschnittes noch einige Informationen über die angebotenen adaptiven Zeitkonstantenmodelle, von de-nen insgesamt fünf zur Verfügung stehen. Das Profil ‚Dy-namic’ ermöglicht ein sehr mildes Eingreifen des Limiters unter Berücksichtigung geringster dynamischer und sta-tischer Klirrkomponenten, geeignet zum Beispiel für al-le Arten von akustischer Musik. Das Profil ‚Soft’ geht in die gleiche Richtung mit natürlich wirkenden Transienten. Das Profil ‚Universal’ zeigt größere Toleranz im Umgang mit Klirrprodukten, ist aber immer noch weitaus sauberer als ein analoger Begrenzer, aber schon aggressiver als die beiden zuvor genannten Profile. ‚Loud’ mag Klirrprodukte deutlich lieber als Universal und eignet sich gleicherma-ßen für Produktion und Mastering, wenn es um Pop- und Rockmusik geht. Schließlich existiert auch noch das Profil ‚Voice’, das – überraschenderweise – für Stimmen opti-miert wurde und sich sehr gut asymmetrischen Signalver-läufen anpasst, allerdings bei größeren Regelwegen nicht mit wahrnehmbaren Verzerrungen geizt. Fazit Mit dem MD4/Brickwall-2-Paket der Version 3.5 ist TC Electronic gegenüber den Vorversionen ein gewaltiger Qualitätssprung nach vorne gelungen, so dass man sich als System-6000-Anwender fast für die Portierung von MD3 auf die Powercore-Plattform bedanken möchte. Die Arbeit mit dem Fünfband-Kompressor, den neuen Regel-verstärker- Modi ‚Parallel’ und ‚DXP’, bei gleichzeitigem Einsatz eines sehr gut klingenden parametrischen Ent-zerrers, den ich allerdings, wenn es so richtig um das Sahnehäubchen ginge, bestimmten analogen Kollegen nicht unbedingt vorziehen würde, lässt kaum noch Wün-sche offen. Das Handling mit MS sowohl auf der dyna-mischen als auch der Entzerrer-Ebene, das präzise In-tersample- Limiting, die vielfältigen Einstellungs- und Ge-staltungsmöglichkeiten durch das unabhängige Bearbei-ten der fünf Frequenzbänder und die digitale Präzision einer ja immerhin doch schon etwas betagten DSP-Hard-ware- Plattform geben mir das Gefühl mit einer nahe-zu unschlagbaren Komplettlösung zu arbeiten, die le-diglich auf der geschmacklichen Ebene Spielraum für Al-ternativen lässt. Mit den ersten von mir erzielten Ma-stering- Ergebnissen bin nicht nur ich extrem zufrieden, sondern auch die Kundschaft, obwohl wir teilweise recht heftig auf der klanglichen und dynamischen Ebene ein-greifen mussten, ohne der Originalmischung etwas Bö-ses anzutun, ganz im Gegenteil! Dabei ist die Bedienung bei aller Komplexität durchaus als simpel zu bezeichnen. Wenn ich mir dann noch den kompletten Software-Über-bau des Gesamtkunstwerkes ‚System 6000’ mit der über-zeugenden Ergonomie, den vielfältigen Angeboten im Be-reich Mastering, Nachhall, Reflexionen und Effekte an-schaue, muss ich mich ernsthaft fragen, wieso nicht je-des Studio ein solches Ding hat. Ich möchte es auf jeden Fall nicht mehr missen. Wenn Sie in den Genuss des Ma-stering- Paketes, dass ja noch eine ganze Reihe weiterer Software-Module bis zu surroundfähigen Dynamics bein-haltet, werden Sie sich wohl oder übel mit dem Gedan-ken einer Anschaffung von Hardware anfreunden müs-sen. Ich weiss, das ist hart, aber auch im Zeitalter der Software nicht ganz zu vermeiden. Sie werden mir an-schließend Recht geben, mit dieser Anschaffung Geld einem wirklich guten Zweck zugeführt zu haben…


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