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ringere Ratio bei den Höhen, wie auch immer man sein Programm gestalten möchte. Allein dieser Modus wäre es schon Wert, dass ein System 6000 Einzug in ein Maste-ring- Studio hält. Aber da hört die Funktionalität des MD4 noch lange nicht auf. Davon abgesehen ist MD4 auch ein fantastisches Werkzeug für das produzierende Studio, in dem Einzelsignale öfter als Summen bearbeitet werden. Da jedes Band unabhängig in seiner Verstärkung gere-gelt werden kann, bekommt man praktisch frei Haus auch noch einen phasenlinearen grafischen EQ mit fünf Bändern geliefert, dessen Übergangsfrequenzen frei gewählt wer-den können. Eine kleine Reise in die Vergangenheit treten wir nun mit dem parallelen Modus des MD4 an, denn damit eröffnen sich die Vorteile eines aufwärts regelnden Kompressors. In diesem Fall wird das Audiosignal immer weniger bear-beitet, je mehr es sich auf den Arbeitspunkt zubewegt, der Lautheitsgewinn liegt also nicht in einer absurd redu-zierten Dynamik, sondern darin, das Signalanteile mit ge-ringem Pegel nach vorne geholt werden und sich damit ein bisweilen auch extremer Fokus auf Signaldetails legt, ganz so, als würde man mit einer Lupe in die Signalstruk-tur hineinhören. Unter dem Gesichtspunkt, dass alle Para-meter unabhängig voneinander für fünf Frequenzbereiche zur Verfügung stehen, lassen sich während des Mastering- Prozesses viele Feinheiten herausarbeiten, die sonst mög-licherweise verschüttet geblieben wären. Da man sich in Bezug auf die Lautheit ja auch nicht lumpen lassen möch-te, kann man natürlich, zum Beispiel auf einer nachge-schalteten zweiten Maschine einen ‚normalen’ MD4-Kom-pressor und Brickwall-Limiter mitlaufen lassen. Aber das ist vielleicht gar nicht nötig, wenn man auf den DXP-Mo-dus umschaltet. Diesen könnte man tatsächlich als ‚De-tail- Beleuchter’ mit nachgeschaltetem Brickwall-Limiter be-trachten. Die Pegel-Grafik verschafft uns einen guten Ein-druck davon, wie DXP funktioniert. Wie man erkennen kann, existiert ein inaktiver Bereich zwischen dem Be-zugspegelpunkt und dem Arbeitspunkt des Limiters, so dass der weder zu laute noch zu leise Signalbereich un-bearbeitet bleiben kann. Aus dem Blickwinkel der Anwen-dung betrachtet, bringt DXP einen neuen Parameter mit der Bezeichnung ‚Steer’ auf den Tisch. ‚Steer’ bestimmt den Regelverlauf und die Anhebung in jedem der fünf Frequenzbänder. Jedes Band erreicht Unity Gain am Be-zugspegelpunkt, so dass eine Bearbeitung nur unterhalb dieses Punktes erfolgt. Wenn durch den Regelvorgang zu viel Rauschen hochverstärkt wird, lässt sich mit ‚Defeat’ ein zweiter Punkt bestimmen, unterhalb dessen keine Hochverstärkung erfolgt. Die hellseherischen Fähigkeiten des Look-Ahead-Delays bedürfen einer kurzen Betrachtung. Mehrband-Kompres-sor und Brickwall-Limiter haben jeweils eine eigene, von-einander unabhängige Delay-Einstellung, und sogar jedes Frequenzband hat sein eigenes Look-Ahead-Delay, wobei das Audio-Delay an sich natürlich immer gleich bleibend ist. Die ‚richtige’ Einstellung für ein vorausschauendes Re-geln des Fünfband-Kompressors richtet sich nach der ein-gestellten Ansprechzeit, die im Einklang mit dem Look- Ahead-Wert stehen sollte. ‚Konflikteinstellungen’ führen lo-gischerweise zu Klangbeeinflussung, was nicht zwangsläu-fig negativ sein muss. Ein Hauptargument für den Einsatz von MD4 sind die Möglichkeiten der MS-Bearbeitung, zumindest aus meiner Sicht. Dieser Aspekt hat auch schon MD3 zu einem hoch geschätzten Mastering-Werkzeug gemacht. Der Ansatz, den Mitten- und Seitenkanal getrennt entzerren, kompri-mieren und pegeln zu können, jetzt auch noch mit einem Fünfband-Kompressor im parallelen oder DXP-Modus, stellt für mich den mächtigsten nachträglichen Eingriff in eine Produktion dar, der aus meiner Erfahrung auch schon häufig die Rettung war. Wenn Sie sich jemals gefragt ha-ben, warum eine Produktion so verdammt breit klingt, ob-wohl sich auf dem Korrelator nichts Spektakuläres ab-spielt, dann versuchen Sie einmal eine Höhenanhebung mit einem Neigungsfilter im Seitenkanal. MS ist für einen erfahrenen Tonmeister nichts wirklich Besonderes, denn er Voll bestückter Mainframe mit Wandler-Karten


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