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testbericht MD4 Hauptseite MD4 Setup Wenn ich heute an meiner schwarzen, schlicht-schönen Fernbedienung mit dem berührungsempfindlichen Schirm und den sechs Motorreglern sitze, wird mir bewusst, wie innovativ der ergonomische Ansatz dieses Produktes En-de der 90er Jahre wirklich war, hat das Konzept doch zwi-schenzeitlich 72 | 73 nichts von seiner ‚Richtigkeit’ verloren. Ich habe seit der Installation der Version 3.5 zwei CD-Maste-rings in unserem Studio mit MD4 durchgeführt und da-her auch über den Blickwinkel des Redakteurs hinaus be-reits meine Erfahrungen auf dem Parkett des realen Le-bens gemacht. Was MD4 und der neue Intersample-Limit-er können und wie sich das System bei uns inzwischen bewährt hat, darüber möchte ich Ihnen in diesem Beitrag berichten. MD4 Dynamics Processor Die meisten der so genannten ‚modernen’ Kompressor- Designs der digitalen Welt sind darauf getrimmt, einen möglichst effektiven Lautheitsgewinn zu erzielen. Dies geht aber nur zu Lasten der Transienten, die je nach Kon-zept mehr oder weniger brutal beziehungsweise für die Ohren erträglich kastriert werden, damit der dynamische Rest nach oben aufrücken kann. Das funktioniert mit ei-nigen Geräten, die man schon nach ein paar Jahren zu den Klassikern zählen darf, ziemlich gut, ist aber mit gu-ten Ohren und bei Licht betrachtet nichts weiter als ei-ne hochgradige Signalvergewaltigung. ‚Der Lauteste ge-winnt’, nach dieser Regel ist natürlich alles erlaubt, und so ist es auch kein Wunder, wenn echte Soundfreaks eher bei alten Opto- oder Röhrenkompressoren mit der Zunge schnalzen. Nun aber ist ein vergleichbares Regelverhalten auch in ein modernes digitales Konzept integriert worden und nennt sich ‚Parallel’ oder alternativ ‚DXP Processing’. Was sich die Entwickler dabei gedacht haben, ist keines-wegs Hexenwerk, sondern die Besinnung darauf, dass ein Lautheitsgewinn auch mit anderen Methoden bewirkt werden kann, nämlich dann, wenn man, anstelle des Ab-schneidens der Transienten, Programmanteile mit gerin-gerem Pegel aus der ‚Verdeckung’ hervorholt. Natürlich ist der Gewinn an Lautheit längst nicht so dramatisch, denn die Dynamik wird nicht auf ein armseliges dBchen zusammengequetscht, aber das Regelverhalten erinnert doch sehr an die charmante Fairchild- und Teletronics- Fraktion aus der Kreidezeit der audiotechnischen Histo-rie, die heute noch sehr viel mehr als damals akzeptiert zu sein scheint. Ein Regelverhalten wie das beschriebene lässt dann auch die Abstinenzler der Dynamikbearbeitung aufhorchen: Klassische Musik, Musik mit Naturinstru-menten, Hörspiel, Film/TV-Ton-Tranfers oder andere Situa-tionen, in denen Signalanteile mit kleinem Pegel verloren gehen könnten. Der MD4-Algorithmus beinhaltet drei Be-triebsarten der Kompression: normale Abwärtsregelung, parallele Regelung und das von TC so genannte DXP-Ver-fahren, das es noch näher zu beleuchten gilt. Alle drei Betriebsarten lassen sich mit EQ, MS-Bearbeitung und adaptivem Upsample-Limiting kombinieren, im Einklang mit einem 5-Band-Modell, phasenlinearer Rekonstruktion und einem Signalpfad mit 48 Bit Festkomma-Design. Die Rechenleistung der Hardware ermöglicht eine Bearbei-tung mit geringer Latenz, so dass auch zeitkritische An-wendungen in der Produktion kein Thema sind (38 Samp-les oder 0.86 ms bei 44.1 kHz Abtastrate). Dennoch ist auch eine vorausschauende Bearbeitung mit Look-Ahead- Delay möglich, die vor allem die Arbeit im Mastering-Stu-dio nicht belastet und eine Dynamikbearbeitung mit ‚hell-


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