Page 68

EM9_2-2013_opt

testbericht Höhen neutral und sauber und mittlere Frequenzen ange-nehm 68 | 69 und trotzdem definiert, selbst bei großen Verstär-kungswerten. Die Güte ist steil genug einstellbar, um to-nale Korrekturen per Absenkung anzubringen, so dass ich in vielen Fällen die Digitaltechnik nicht um Hilfe bit-ten brauche. Klanglich lässt sich das V700 Paket aus W796/788 ziemlich genau zwischen dem Passeq und dem STA 50s ansiedeln, mit der weichen Anmutung eines pas-siven Filterdesigns und der Schönheit eines Röhren-EQs. Besonders hilfreich bei der Einstellung ist die Möglichkeit, jedes der acht Bänder einzeln abschalten zu können. Auf diese Weise lassen sich gefundene Einstellungen durch di-rektes Umschalten von Band-Kombinationen vergleichen, da man meistens maximal zwei oder drei Bänder benötigt. Die Wien-Brücke mit ihren zurückhaltend neutral anmu-tenden Klangeigenschaften ist eine echte Bereicherung für Mastering-Anwendungen. Eine perfekte Ergänzung hierzu ist das W795 Niveau-Fil-ter, prinzipiell ein alter Hut, jedoch von Gerd Jüngling zu einer neuen Kultur stilisiert. Ein Niveau-Filter, gelegent-lich auch als Klangwaage bezeichnet, was die Funktion sehr treffend beschreibt, ist eine Kombination verschie-dener Entzerrer für einen globalen Eingriff in die Tonalität einer Mischung. Vier Filter kommen im W795 dabei zum Einsatz, die die spektrale Verteilung mit ein paar Hand-griffen ‚normalisieren‘ können. Den Begriff ‚Tendenzfilter‘ gibt es zwar meines Wissens nach nicht, jedoch wird da-mit die generelle Funktionsweise deutlich. Mit der Klang-waage bestimme ich die Tendenz der spektralen Balan-ce, wahlweise zu tiefen oder hohen Frequenzen. Die Waa-ge kippt um eine Mittenfrequenz von 800 Hz und senkt je nach Drehrichtung den jeweils anderen Zweig der Waa-ge ab, während der Bereich in Drehrichtung parallel dazu angehoben wird. Ein zweiter, mit ‚Boost/Cut‘ bezeichne-ter Regler verschiebt den Anteil der Höhen und Tiefen im Verhältnis zu mittleren Frequenzen. Eine Rechtsdrehung hebt gleichzeitig Höhen und Tiefen an, und zwar in einem gleichbleibenden Verhältnis zum Winkel der Klangwaage. Die Linksdrehung senkt in gleicher Weise Höhen und Tie-fen ab. Der Kippbereich um 800 Hz bleibt dabei stets un-verändert. Zusätzlich hat man zwei Neigungs- oder Kuh-schwanzfilter zur Verfügung, die mit einer Steilheit von 9 dB pro Oktave und weiten Frequenzstellbereichen die Klangwaage am oberen und unteren Ende modifizieren oder aber auch ohne Niveaufilter globale Eingriffe bis in den Mittenbereich hinein ermöglichen. Tonal prinzipiell ausgewogene Mischungen können mit dem W795 mit ei-ner globalen klanglichen Tendenz versehen werden, die zusätzliche Eingriffe überflüssig macht. Ein ganz wunder-bares Werkzeug, das ich nicht mehr missen möchte, mit exzellenten klanglichen Eigenschaften, die den Basischa-rakter einer Mischung im Handumdrehen in ein richtigeres Verhältnis bringen. M/S – die Geheimwaffe Die M/S-Bearbeitung ist das wahrscheinlich am schlech-testen gehütete Geheimnis eines Mastering-Studios. Je-der spricht davon und jeder sagt dieser traditionellen Technik aus den Anfängen der Stereoaufnahme Wun-derdinge nach. Allein die Möglichkeit, den M- und S-Ka-nal eines Stereosignals getrennt entzerren zu können, ist noch kein Garant für ein herausragendes Klangergeb-nis. Die Eigenschaften der verwendeten Filter sind logi-scherweise von elementarer Bedeutung, weshalb mir die Bestückung des V700 Racks mit einem W731 Richtungs- Wirkungsweise des Niveau-Filters: Klangwaagenveränderung (rot), wahlweise zusätzlich mit Boost (grün) oder Cut (blau) Einfluss des Hoch- und Tiefentzerrers auf die Klangwaage (Bei-spiel): Anhebung (blau) und Absenkung (grün)


EM9_2-2013_opt
To see the actual publication please follow the link above