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renz ohne Einschränkungen abkaufen. Da ich den in die-ser Ausgabe ebenfalls getesteten Röhren-EQ von Vintec zur Verfügung hatte, machte ich mich als nächstes daran, eine M/S-Bearbeitung einer fertigen Mischung vorzuneh-men. Dank unseres TC System 6000 verfügen wir in un-serem Studio schon über einige Erfahrung mit M/S-Maste-ring, so dass die erzielbaren Effekte nicht ganz so spekta-kulär herüberkommen, als würde man zum ersten Mal da-mit arbeiten. Diejenigen Anwender, die noch Neulinge auf diesem Gebiet sind, werden staunen, wie effektiv man mit dieser Form der Bearbeitung noch in eine Mischung ein-greifen kann. Das Summen- oder Mittensignal bildet prak-tisch alle Mono-Signale der Phantommitte ab. Der Ein-griff mit einem EQ ermöglicht daher die Herstellung von mehr Druck, Präsenz oder Brillanz, ohne dass die räum-lichen Informationen aus dem Seiten oder Differenzkanal davon betroffen wären. Im Umkehrschluss kann man ei-ner Mischung im Seitenkanal sehr viel mehr Wärme verlei-hen, ohne dass sich die meist bestimmenden Signale des Hauptkanals verändern würden. Genauso ist es möglich, eine in den unteren Mitten zu dichte Mischung durch Ab-senkung im Seitenkanal zu entkrampfen. Oft wird durch diese Maßnahme die Transparenz deutlich erhöht, obwohl man nicht den Eindruck bekommt, man hätte wirklich ei-ne Entzerrung vorgenommen. Der klangliche Grundcharak-ter der Mischung bleibt erhalten. Setzt man einen Kom-pressor im M/S-Modus ein, lässt sich das Monosignal ver-dichten, ohne dass die Luftigkeit der Mischung verloren ginge, wie es im Normalbetrieb oft der Fall ist. Aber auch eine Verdichtung des Seitensignals kann sich positiv aus-wirken, wenn man die Räumlichkeit durch einen Kompres-sor stärker herausarbeiten möchte, während das Summen-signal in der Mitte weitgehend unverändert bleibt. Allein die M/S-Funktion bietet hier schon Möglichkeiten mit dem Backbone, die Mastering und Produktion erstaunlich flexi-bel und clever gestalten helfen. Die Veränderung der Pe-gelbalance zwischen M- und S-Signal führt wahlweise zu einer erhöhten Basisbreite oder zu einer etwa für den Vi-nylschnitt kompatibleren Mono-Orientierung. Für unge-übte Anwender ist der Hinweis von Bedeutung, vorsich-tig mit diesem spannenden Werkzeug umzugehen, denn übertriebene Basisbreiten mögen zwar auf Anhieb spek-takulär klingen, sind aber über Kopfhörer oder bei Aus-strahlung über einen Sender unter Umständen eine abso-lute Katastrophe. Ich jedenfalls kann mir überhaupt nicht vorstellen, ohne M/S-Bearbeitung auszukommen. Mischun-gen, die ein wenig mittenlastig im Sinne der Stereoabbil-dung sind, können mit einer Pegelerhöhung des Seiten-kanals deutlich an Attraktivität gewinnen. Ist zum Beispiel eine Stimme in der Mischung zu laut oder zu leise, kann man durch den Verhältnispegel in gewissen Grenzen noch nachkorrigieren und die Mischung stimmiger gestalten. Da manche Mischungen Räumlichkeit vermissen lassen, kann durch einen Kompressor im Seitenkanal viel erreicht wer-den. Es gibt aber auch noch die Möglichkeit, über den Mix-Input den Ausgang eines Hallgerätes oder einer Fal-tungshall- Software vorsichtig zuzumischen. Oft gewinnt ei-ne zu trockene Mischung auf diese Weise erheblich, ohne dass man den räumlichen Eindruck als künstliches Addi-tiv wahrnehmen würde. Natürlich würde es zu weit führen, hier einen Grundsatzartikel über die Möglichkeiten der Mastering-Bearbeitung loszutreten, doch können auch we-niger erfahrene Kollegen bereits anhand der geschilderten Beispiele erahnen, wie wertvoll der Backbone als Maste-ring- Konsole in einem analogen Umfeld wirklich ist. Man darf getrost behaupten, dass alle Mastering-Studios, die eine gewisse Bedeutung im Markt genießen, heute mehr denn je auf die Bearbeitung mit einem individuellen Pool von analogen Geräten setzen. Vor diesem Hintergrund ist ein Gerät wie der Manley Mastering Backbone nahezu un-erlässlich. Aus Interesse machte ich auch einige Versuche mit der globalen Polaritätsumschaltung, und tatsächlich kann man mit diesem einfachen Handgriff bei manchen Mischungen einen dynamischen Vorteil erzielen. Manche Transienten oder Impulse werden deutlicher, andere treten


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