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Studio eMagazin 03-2012

editorial Klang von der Stange? Fritz Fey Chefredakteur Studio Magazin Im Zeitalter der totalen Manipulation wird oft vergessen, wo lung man von einem guten Bassdrum-Sound hat. Es gibt, die Musik eigentlich spielt, zumal sie immer öfter weitestge- wenn man diesen Gedanken weiterspinnt, ja schließlich auch hend ohne Zuhilfenahme eines Mikrofons produziert wird – kein Streicher-, Saxophon- oder Ukulele-Mikrofon. Fragen Sie wenngleich auch die heutzutage gerne verwendeten Samp- zehn Kollegen und jeder wird Ihnen eine andere Antwort ge- les irgendwann nicht am Einsatz eines Mikrofons vorbeige- ben. Klanggestaltung ist keine Frage des Kochrezeptes, son- kommen sind. Wenn man es genau nimmt, benutzen viele dern des persönlichen Geschmacks und der Klangvorstellung von uns ‚Signale von der Stange‘, die man aus einem mitt- eines Tonmeisters. In den frühen 70ern, als es weder Effekt- lerweile unermesslich großen Katalog käuflich erwerben, im geräte noch parametrische Equalizer gab, waren die Positi- schlimmsten Fall auch stehlen kann. Mit anderen Worten, es on und die Auswahl des Mikrofons die einzigen klanggestal- wurde eigentlich schon alles aufgenommen, was man auf- terischen Elemente, die mir zur Verfügung standen. Kreativi- nehmen und brauchen kann. Die Folge ist zum einen, dass tät entstand fast ausschließlich durch die Beschränkung der viele die Kunst der Mikrofonierung nicht mehr beherrschen Mittel. Ich wünsche mir das keinesfalls zurück, jedoch habe oder einfach als überflüssig betrachten, weil es ja anders ich in dieser Zeit gelernt, wie stark man allein durch die Mi- auch viel einfacher geht, zum anderen, um diese Provoka- krofonposition in das Klanggeschehen eingreifen konnte. Vo- tion in die richtigen Bahnen zu lenken: Hat man eine ent- raussetzung waren natürlich gut gestimmte und gepflegte In- sprechend klare Klangvision, ist die Verwendung von Samp- strumente und Musiker, die ihr Handwerk beherrschten und les oder in der Natur nicht vorkommender Klänge sogar un- in der Lage waren, einen Song in einem Rutsch zu spielen. erlässlich, um ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Das bedeu- Den wirklichen Unterschied zwischen Gänsehaut und Belang- tet aber nicht, dass man keine oder zumindest nicht mehr losigkeit machen nicht die Plug-Ins oder Geräte, die zum Ein- so viele Mikrofone braucht, ganz im Gegenteil. Allein die sich satz kommen, sondern die musikalische Inspiration und die ständig erweiternde Zahl von Mikrofonanbietern dokumen- Methode, diese einzufangen. Das Mikrofon und seine Posi- tiert, dass noch niemals so viele Mikrofone wie heute ge- tion spielt dabei eine besondere Rolle, denn es gehört wie kauft wurden. Ich will nicht hoffen, dass dies eine Folge der nichts anderes zum musikalischen Ereignis. Damit nicht der Erkenntnis ist, für jeden Zweck das richtige Werkzeug kau- Eindruck entsteht, es sei völlig egal, welches Mikrofon man fen zu müssen, so auch für jedes Instrument das richtige Mi- verwendet: Natürlich ist das nicht der Fall, denn die Qualität krofon, auch wenn viele Hersteller dazu übergegangen sind, des Mikrofons und seine Bauform sind der Schlüssel für ein Empfehlungen für den Einsatz bestimmter Mikrofone zu ge- Arbeiten auf hohem Niveau. Zehn Zentimeter Distanz- oder ben. Der Klassiker in dieser Hinsicht ist das ‚Bassdrum-Mi- Richtungsunterschied bewirken jedoch einen größeren klang- krofon‘, mit dem man dem Vernehmen nach auch nichts an- lichen Unterschied als die Nuancen, die man bei Mikrofonen deres als diese hochkant aufgestellte, große Trommel auf- aus der gleichen Qualitätsliga feststellen kann. Es lohnt sich nehmen kann. Ich habe selten einen solchen Quatsch gehört, also, die Mikrofone, die man zur Verfügung hat, sehr ge- der sich seit Jahrzehnten in den Köpfen festgesetzt hat. Mein nau kennenzulernen, bevor man nach dem nächsten Mo- Lieblings-Bassdrum-Mikrofon war lange Zeit ein Neumann dell schreit, das angeblich ideal für den gerade anstehenden U 47 FET, seines Zeichens völlig unverdächtig, für diesen Zweck ist. In dieser Ausgabe haben wir die neuesten fünf Zweck verwendbar zu sein oder gar den Ruf eines ausgewie- Folgen unserer seit 1998 laufenden Mikrofontestreihe zusam- senen Bassdrum-Mikrofons zu genießen. Es kommt eben da- mengestellt, um diesem Thema die Bedeutung zu geben, die rauf an, wie und wo man es aufstellt und welche Vorstel- ihm zweifelsohne zusteht… 4 | 5


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