Page 20

Studio eMagazin 03-2012

hörtest Röhrenmikrofone klingen, sondern nen. Dort, wo es um eine natürliche und authentische Ab- eine eigene klangästhetische Liga bildung von Schallereignissen ankommt, muss man wäh- eröffnet haben, zu der es bis heu- lerisch werden – und dann bleiben eben nur noch eine te nichts Vergleichbares gibt. Ich Handvoll Herstellernamen übrig, die höchsten Ansprüchen muss zugeben, dass wir von der genügen können. Im Bereich der Pop- und Rockmusik, oh- Umschaltbarkeit der Charakteri- ne diese Stilrichtung diffamieren zu wollen, gibt es andere stik keinen Gebrauch gemacht klangliche Kriterien und mehr Spielraum für Färbung und haben, aber die plastische Ab- Extravaganz. Auch nach elf Jahren Mikrofontesthistorie ge- bildung des Gesangs mit in- hört diese Aufgabe zu den schönsten, die ich mir vorstel- timer Nähe und eleganter Wär- len kann und immer wieder erleben wir besondere Begeg- me hielt uns auch dieses Mal nungen mit Mikrofonentwicklungen, die sich ganz oben in wieder gefangen. Ich muss der Rangliste bewegen. Dieses Mal gehören (in freier Rei- mich selbst zitieren, wenn ich henfolge) das Sennheiser MKH 800 Twin, das Microtech noch einmal von ‚geschmackvoll in- Gefell M 990 art, das Brauner Phanthera V und das Neu- szenierter Natürlichkeit‘ spreche und mann TLM 67 dazu. Sehr überzeugend waren auch das von einer dezenten Signatur, die au- Lauten Horizon, trotz des dezenten Preises, das Horch thentisch daherkommt und trotzdem ei- RM4, das sE 4400a, das SR25 von Earthworks, das Black nen gewissen Eigencharakter erkennen lässt. Das Phanthe- Knight von Violet Design und die Black Hole Modelle von ra ist, wie alle Mikrofone aus der Hand von Dirk Brauner, JZ Microphones. Überraschend waren für uns die Quali- ein wirklich besonderes Mikrofon, das eine Gegenwart des tät der Trion-Mikrofone von CAD bei einem wirklich lächer- Künstlers oder Instrumentes erreicht, ohne sich brachial in lich geringen Preis und der unkomplizierte Umgang mit den Vordergrund zu kämpfen. Der Preis von knapp 2.500 dem TLM 103 D, das auch klanglich als sehr neutraler Ver- Euro, den ich der S.E.A.-Preisliste entnahm spielt auch hier treter mehr als überzeugen konnte. Dass man auch für we- eine eher untergeordnete Rolle. Wer diese Qualität an- nig Geld sehr schöne Vintage-Klänge kaufen kann, bewie- strebt, weiß, dass man sie nicht für ein paar hundert Euro sen uns die beiden Mikrofone von Peluso und Telefun- haben kann. ken USA, die beide mit rund 1.300 Euro viel außergewöhn- lichen Klang für wenig Geld liefern. Der PianoMic-Ansatz Fazit von Earthworks wird vermutlich die Meinungen spalten, vor allem wegen des hohen Preises, aber es wird auch Es war ein langer anstrengender Tag, aber auch ein span- hier so manche Situation geben, in der man froh ist, die- nender mit interessanten Erkenntnissen. Wenn man die ses Geld ausgegeben zu haben. BM-microphones als aus- technischen Daten betrachtet, wird man feststellen, dass gewiesener Niedrigpreis-Spezialist hat einen Weg gefun- die preiswerten Mikrofone fast immer zum Teil deutlich den, eigene (deutsche) Mikrofonideen in Fernost umset- schlechtere Rauschwerte aufweisen, was im Angesicht zen zu lassen, und damit einen vernünftigen Einstieg in eines Einzelsignals vielleicht noch keinen so großen Un- die Welt der Mikrofone für diejenigen zu erleichtern, die terschied macht, aber bei einer großen Besetzung mit vie- mit kleinen Budgets ausgestattet sind. Das Stereomikrofon len Mikrofonen das Gesamtergebnis empfindlich stört. Ein SBM 88 ist wirklich nicht von schlechten Eltern, genauso weiterer Aspekt ist die ‚feinmotorische‘ dynamische Abbil- wenig wie die exotisch anmutende Bändchen-Entwicklung dung über die Frequenz. Manche Mikrofone zeigen sich in RBM 14. Kurz und gut, wir hatten auch dieses Mal keinen dieser Hinsicht sehr unbeweglich, was zu einer sehr sta- echten Ausreißer dabei, dem man mit massiver Kritik hätte tischen und damit deutlich weniger lebendigen Abbildung begegnen müssen. Vielleicht liegt es ja an unserer sorgfäl- führt. Dennoch sind auch diese Mikrofone, in der Kombi- tigen Vorauswahl? Am Schluss geht mein Dank an die bei- nation mit anderen, brauchbare Werkzeuge, vor allem, weil den mitwirkenden Musiker und natürlich an meinen Freund sie den Geldbeutel nicht so sehr belasten. Ich habe auch Klaus-Dieter Keusgen, der mit seiner Gastfreundschaft und schon mit wirklich ‚billigen‘ Mikrofonen überzeugende Er- seinem persönlichen Einsatz den größten Anteil am Ge- gebnisse erzielen können, es kommt eben immer auf die lingen dieser Serie auf sein Konto verbuchen darf. Bis zur richtige Einschätzung in der jeweiligen Aufnahmesituation nächsten Folge wird es wie gewohnt etwas dauern, aber an. Wenn es nicht so wäre, würde man einen großen Teil das Sammeln neuer Ideen für die 12. Folge unserer Testrei- des Mikrofonangebotes einfach zu den Akten legen kön- he hat bereits begonnen… 20 | 21


Studio eMagazin 03-2012
To see the actual publication please follow the link above