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mige Harmonizer, deren einzelne Stimmen im Pegel, in der Panorama-Position, in der Verzögerung und der Stimmung variiert werden können. Zusätzlich, für den musikalisch aus-gebildeten Toningenieur, existiert ein Notationsfeld, in dem man die Stimmung der einzelnen Kanäle über eine klassische Notierung bestimmen kann. Skala, Note, globales Loop De-lay und Feedback können hier nach Noten- und Zahlenwerten eingegeben werden. Jede Stimme verfügt über eine maximale Verzögerungszeit von bis zu 1.2 Sekunden. EQ 45 und EQ 65 Die Urei EQs 545 Parametric Equalizer und 656 Filterset stammen aus den 70er Jahren und waren für ihre Zeit ex-trem vielseitig ausgestattet. Man konnte mit diesem Paar Fil-terkorrekturen vornehmen, die auf andere Weise kaum mög-lich oder gar vorstellbar waren und in den EQ 45 und EQ 65 dank Eventide zu neuer, emulierter Existenz gelangen. Aus heutiger Sicht wirken die Ausstattungsmerkmale eher selbst-verständlich, jedoch hat man hier die Chance, eine vermut-lich annähernde klangliche Signatur der analogen Originale gestalterisch einzusetzen. Der EQ 45 verfügt über drei Bän-der, die sich deutlich überlappen, dazu gesellen sich ein Multiband, das das gesamte Spektrum von 12 Hz bis 20 kHz abdeckt und zwei Sperrfilter für hohe und tiefe Frequenzen, die in weiten Bereichen stimmbar sind. Heute keine Über-raschung, damals Erstaunen auslösend, können alle Bän-der vollparametrisch in Güte, Pegel und Frequenz stufenlos eingestellt werden. Der globale Klangeindruck ist rund, mild und warm mit einer Prise Klirr und erinnert tatsächlich an die Epoche der 70er, wobei es zu vermessen wäre zu behaupten, dass ich mich an das von mir früher häufig eingesetzte ana-loge Original wirklich erinnern könnte. In dieser Zeit klang die gesamte Studiotechnik irgendwie so und wir nahmen das in Ermangelung von deutlich anders klingenden Alternativen einfach als gegeben hin. Sie werden aber auf jeden Fall Ihren Spaß haben. Der EQ 45 klingt anders als ein digitaler Stan-dard- EQ, den man heute an jeder Häuserecke zum Teil auch kostenlos finden kann. Das Urei 565 Filterset habe ich nie verwendet, denn es war ausschließlich der Reparatur durch sehr schmalbandige Ein-griffe vorbehalten, die wir in der Musikproduktion meist nicht als notwendig erachteten. Lüftergeräusche, Pfeifen, Schwingen, Brummen und andere Störquellen können effizi-ent bis auf null Pegel (-150 dB Dämpfung) herabgesetzt wer-den. Klanggestalterisch reicht es hier lediglich zu extremen Effekten, die hier und da auch durchaus witzig oder hilfreich sein können. Das ‚Gerät‘ ist zweibandig aufgebaut und bie-tet je ein Notch/Peaking- und ein Sperrfilter. Die Steilheit der Notch/Peaking-Filter können in je drei Stufen gewählt wer-den und verfügen über einen ‚Fein-Regler‘, der eine extrem genaue Abstimmung ermöglicht, während die Haupt-Fre-quenzwahl mit ganzzahligen Frequenzwerten arbeitet. Die Sperrfilter arbeiten in großen Stellbereichen (5 Hz bis 1 kHz, 400 Hz bis 20 kHz) und verlaufen mit 18 dB pro Oktave aus heutiger Sicht ‚recht steil‘. Die Anhebung oder Peaking-Funk-tion kann dazu dienen, Obertöne selektiert herauszuarbeiten oder Timbres zu unterstützen, also zum Beispiel Resonanz-punkte bei Stimmen oder Instrumenten. Für den Sound Desi-gner steckt hier einiges an Potential für den Klang einer Tele-fonleitung oder eines Megafons und vieles andere mehr. Fazit Mit dem Anthology X Bundle stellt Eventide, in Deutschland exklusiv durch Sound Service vertreten, dem Anwender ein sehr umfangreiches Paket zur Verfügung, das das gesamte Leistungsspektrum dieses Herstellers in den unterschiedlichs-ten Disziplinen abbildet. Die Preise für das Paket reichen von günstigen Update-Angeboten ab 199 Euro bis zu einem Neu- Bruttopreis für Erstkäufer von 999 Euro. Gehen wir von letz-terem aus und teilen den Preis durch die Anzahl der enthal-tenen Plug-Ins, kostet jedes Plug-In bei vereinheitlichter Ein-ordnung knapp 60 Euro. H3000, UltraReverb, UltraChannel, Omnipressor, H3000 Band Delays und Octavox können auch einzeln gekauft werden, zu Preisen in der Gegend des Dreifa-chen des theoretisch errechneten Bundle-Teilpreises. Wer al-so mehrere dieser Plug-Ins haben will, über die Begehrlich-keiten will ich hier absolut keinen Zweifel aufkommen las-sen, lohnt es sich, über die Anschaffung des Bundles nach-zudenken. Die Qualität, die Funktionsvielfalt der Plug-Ins und deren kreativer Ansatz stehen vollkommen außer Fra-ge. Ich weiß, dass 999 Euro für Software ein wenig Schmer-zen bereiten, weil es praktisch im Gegensatz zu einer belie-bigen Hardware absolut keinen Wiederverkaufswert gibt. Da-ran haben sich aber inzwischen alle Anwender gewöhnt, die zum Arbeiten im Rechner keine Alternative haben oder so-gar haben wollen. Für mich herausragend sind der Omni-pressor, der H3000, die extrem gelungenen Rekreationen der dem Original folgend ziemlich ‚kaputt‘ (Entschuldigung, ich meine das durchaus positiv) anmutenden Harmonizer-Urmo-delle H910 und H949, der mächtige UltraReverb und der Ul-traChannel. Alles andere ist kein ‚Must Have‘ aus meiner per-sönlichen Sicht, aber eben doch auch ‚Nice To Have‘. Alles in allem hat Eventide hier ein tolles Paket geschnürt, das wirklich anders ist, als das, was man auf dem Plug-In Markt sonst finden kann – eine riesige Effekt- und Audio-Maschine-rie mit gewaltigem Potential…


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