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Aber schließlich stehen besonders die Jungen auf ‚altes Zeug‘ und erleben es neu. Das macht dieses Bundle vielleicht so-gar attraktiver, als selbst ich es mir gerade vorstellen kann. Eventide Emulationen gibt es schon eine ganze Weile, so dass die eigentlich gute Nachricht die Verfügbarkeit der Plug- Ins in einer nativen Version für alle gängigen Formate ist. Was wir damals nicht wussten, ist, dass die mäßige Qualität der Gerätschaften aus dieser Zeit auch gleichzeitig ihren beson-deren 28 | 29 Charme ausmachte. Wir ärgerten uns über Glitches im Harmonizer, waren aber trotzdem immer wieder aufs Neue von den Ergebnissen begeistert, die damit erzielt werden konnten. Heute lassen sich Tonhöhenveränderungen praktisch perfekt und ohne Artefakte realisieren, was in manchen Fäl-len vielleicht sogar eher ‚perfekt langweilig‘ daherkommt. In-sofern, sollten Sie noch nie mit einem alten Harmonizer gear-beitet haben, werden Sie schnell nachvollziehen können, dass die von uns so betrachteten Ärgernisse eigentlich ein Vorteil sind, Effekte spannender gestalten zu können, einmal abge-sehen von der Tatsache, dass diese unvollkommenen Kisten den Sound einer ganzen Musikepoche geprägt haben, natür-lich, weil es nichts anderes gab, aber eben vielleicht auch we-gen der noch mangelhaften Umsetzung von Digitaltechnik. Mit kommt dazu gerade eine Textzeile von John Legends ‚All of me‘ in den Sinn: ‚All your perfect imperfections‘… Es ist zwar eine geliebte Frau gemeint, aber wir sind ja schließlich verrückt genug, Liebe für Blechkisten zu empfinden. Überblick Wenn man die Plug-Ins des Anthology-X-Bundles kategori-sieren möchte, kann man sie in vier Gruppen unterteilen. Da ist zum einen die historische Kategorie der frühen Geräteent-wicklungen von Eventide: der H910 Harmonizer, sein Nach-folger H949 und die analogen Geräte Instant Phaser, In-stant Flanger und Omnipressor. Die beiden Harmonizer-Plug- Ins stehen auch als Dual-Varianten in Stereo zur Verfügung. Die zweite Gruppe bildet der H3000 Harmonizer, eine wesent-liche Weiterentwicklung des ursprünglichen Harmonizer-Ge-dankens, kombiniert mit einer H3000-Sonderform, den Band Delays, einem Plug-In, das den Delay-Part des H3000 isoliert und deutlich übersichtlicher präsentiert. In die dritte Gruppe ordne ich Octavox und Quadravox ein, zwei acht- beziehungs-weise vierkanalige Pitchshifter mit zahlreichen Extras und den UltraReverb, ein sehr mächtiges Plug-In mit Kompressor- und Filterfunktionen für das Nachhallsignal. Die vierte Grup-pe bilden der E- und UltraChannel, zwei reichhaltig ausgestat-tete Channelstrips, von denen einer etwas reduzierter aus-gestattet auch entsprechend weniger CPU-Last in Anspruch nimmt, zusammen mit dem Precision Time Align Plug-In auf Sub-Sample-Ebene. Schließlich folgen zwei Filter-Plug-Ins, die nicht aus Eventides Schmiede stammen, wohl aber deren di-gitale Emulation. In ihrer Zeit besetzten der Urei 545 Parame-tric Equalizer und das Urei 656 Filter-Set Spitzenpositionen im Markt, wenn es um die innovative Klangbearbeitung oder auch die gezielte Entfernung von Störkomponenten ging. Um-gesetzt wurden diese beiden Geräte in den Plug-Ins EQ45 und EQ65. Wenn wir nachrechnen, sind wir damit bei 17 an-gekommen. Omnipressor Dieser Kompressor war eines der ersten kommerziell erhält-lichen (analogen) Geräte von Eventide, das nun, genau wie das Original, als Mono-Plug-In zur Verfügung steht. Ich möch-te an dieser Stelle etwas detaillierter ausholen, weil dieses Gerät wirklich auch im aktuellen Kontext etwas ganz Beson-deres darstellt. Es ist mit einem zentralen Modus-Regler aus-gestattet, der die gesamte Funktionspalette dieses Dynamik-prozessors vom Aufwärtsexpander über den Kompressor und Limiter bis hin zum Kompressor mit negativen Kompressions-verhältnissen in einem Dreh abbildet. Alle Regler und Tasten entsprechen der Bedienoberfläche des Originals und funktio-nieren auch genauso. Machen wir einen kurzen Streifzug, wel-che Regler und Parameter zur Verfügung stehen: Da sehen wir zunächst zwei Input-Cal Tasten anstelle eines Eingangspegel-reglers. Der Betriebspegel wird damit auf 10, 20 oder 30 dB gesetzt (letzteres, wenn beide Tasten gleichzeitig gedrückt sind). Mit dem Regler ‚Input Threshold‘ legt man den dazu in Bezug stehenden Arbeitspunkt fest. ‚Bass Cut/Norm‘ ist ei-ne Funktion, die heute viele Kompressoren anbieten. Damals war dies jedoch eine absolute Neuheit: Man kann den Bereich tiefer Frequenzen aus der Regeltätigkeit herausnehmen. An-sprech- und Rückstellzeit (Attack und Release) sollten uns be-kannt genug vorkommen. In der Mitte neben dem zentralen Funktionsregler befindet sich ein Zeigerinstrument, das wahl-weise über den Ein- oder Ausgangspegel und die Regeltätig-keit informiert. Unterstützt wird das Instrument durch zwei Lämpchen, ein grünes und ein rotes. Grün zeigt Pegelabsen-kung, rot Pegelanhebung. Die Lämpchen folgen der Regeltä-tigkeit mit unterschiedlicher Helligkeit. Im Plug-In werden na-türlich alle Pegel in dBFS angezeigt. Mit den Tasten von Out-testbericht


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